zahlen, Anziehsachen und Schulbücher für den Jungen zu kaufen, und Privatunterricht für den Jungen zu bezahlen. Als es spät wurde, fuhr Anna fort Geschenke einzupacken. Es war fast neun Uhr als sie den Schlüssel im Schloss drehte und kaum hatte sie die Tür aufgemacht, bekam sie auch schon die ersten Prügel. Danach musste sie Abendessen machen, obwohl sie einen ausgerenkten Arm hatte.
Auch in einer kleinen Wohnung gibt es immer genug Hausarbeit zu tun. Die Stimme des Ehemannes ist störend, innerhalb, als auch außerhalb der Wohnung. Sogar die Nachbarn kennen seine Stimme inzwischen, obwohl er eigentlich nicht viel Kontakt zu ihnen hat. Die paar Sachen die Anna noch erledigen muss und auf später verschoben hatte sind das Bett, das sie morgens als erstes macht, eine Maschine mit Wäsche, die sie vom Boden aufhebt und die sie später Stück für Stück zum Trocknen auf den kleinen Balkon hängen wird, von dem man Aussicht auf den Innenhof hat. In der Frühe räumt sie die Wohnung auf, lüftet Schlaf- und Esszimmer, putzt und schrubbt den Boden auf allen vieren, weil man so auch in alle Ecken kommt. Später macht sie eine Liste über die Sachen die sie brauchen und kauft kurz ein, immer darauf bedacht, wieviel Geld sie ausgeben kann. Und bevor der Boden getrocknet ist, macht sie Mittagessen, schaltet den Fernseher ein, faltet und bügelt die Wäsche, und plötzlich ist ihr Ehemann schon da. Seine Augen und Gesichtsausdruck machen es klar, dass er auf etwas wartet, was nicht bedeutet, dass er auf Anna wartet. Sie setzt sich neben ihrem Mann im Esszimmer, wo sie aus Gewohnheit auf den Fernseher starren. Im Gegensatz zum Haus, wirkt der Fernseher beruhigend. Beruhigend sind auch die Kinder von den Nachbarn, die im Innenhof lachend und schreiend mit Steinen schmeißen. Sie selber haben keine Kinder mehr, obwohl sie es in der Vergangenheit versucht haben. Ein Kind haben sie großgezogen. Jetzt ist er weg und bald wird er selber eine Familie gründen, mit dieser eigenen Familie als Vorbild, die einzige, die er je gekannt hat.
An der Wand kann man oft Anna und ihren eingesunkenen Schatten sehen. Dieses Bild erscheint Nacht für Nacht im Doppelbett. Und es erscheint auch oft in der Küche oder im Esszimmer. Und sogar im Waschbecken, wenn sie ihr Gesicht wäscht und abtrocknet. Jeder könnte sehen, dass diese Frau in einem Albtraum lebt. Nur geht sie hellwach durchs Leben, wissend, dass sie jeden Augenblick einen Fehler begehen könnte. Wenn sie im Laufe des Tages etwas Freizeit hat, geht sie ihre Nachbarn von der 5. Etage des Gebäudes besuchen. Sie sind beide große Fans von Fernsehserien. Danach geht sie wieder runter, und manchmal, nicht immer, kommt ihr Sohn gegen Mittag nach Hause. Der Sohn hat kein Geld, und die Mutter auch nicht, aber sie schafft es immer, ihm ein warmes Essen zu bieten. "Der Junge braucht Geld", ist das, was sie vor und nach dem Essen sagen würde. Nachher, wenn sie sich einen Moment umdrehen würde, würde der Sohn an das Portemonnaie der Mutter gehen.
Anna grübelt viel, und manchmal fühlt sie etwas in sich, etwas anderes als die ständige Unsicherheit, die ein Teil von ihr geworden ist. Anna arbeitet heimlich und zum Ausgleich muss sie mit einem 6 Monate alten Baby spazieren gehen. Manchmal dreht sie sich schnell um, mit dem komischen Gefühl, dass ihr jemand folgt - eine Art Vorahnung, die sie hat, wenn sie im Park spazieren geht. Trotzdem muss Anna weiter arbeiten. Sie sagt, dass sie es für ihren Sohn tut. So dass er eine Zukunft haben kann, obwohl der Preis am Anfang hoch ist. Zu hoch für jemanden, der so jung ist. Als Anna zurück zum neuen Wohnblock geht, deckt sie das Baby zu und dreht sich wieder um, aber es ist zu spät. Der Ehemann verließ gerade die Kneipe als er sie sah und da begann er ihr zu folgen. Trotzdem kommt Annas Figur immer weiter weg und verschwindet in der Menschenmenge.
Anna und ihr Mann haben nicht Vieles gemeinsam, obwohl beide unter einem Dach leben und im gleichen Bett schlafen. Und es scheint nicht so als hätten die beiden etwas Gemeinsames, außer den Sachen, die sie unternehmen. Anna ist gerade am Kochen, als der Man durch die Tür hereinkommt, mit einer Flasche in der Hand, als er sie von hinten angreift. Er packt sie an den Haaren, hält sie bis er sie zum Fallen bringt, überschüttet sie mit Benzin und zündet sie an.